Tel Aviv, Israel
Joëlle Weil, 31, Journalistin
Was siehst du, wenn du aus dem Fenster blickst?
Eine Reihe von Häuserblocks und eine Baustelle, die seit einer gefühlten Ewigkeit nicht vorankommt. Aus der Baustelle soll eine Tramhaltestelle entstehen, die Teil des geplanten Strassenbahn-Netzes ist, ein gigantisches Infrastrukturprojekt, das die Städte Zentralisraels miteinander verbinden wird.
Was hast du heute gefrühstückt?
Einen Jerusalem Bagel mit Sesamkörnern – in der Türkei “Simit” genannt - dazu Oliven und Orangensaft. Mein Mann und ich waren heute Morgen im Hayarkon Park, dem Central Park Tel Avivs. Wir wollten die Gelegenheit ergreifen, so lange er noch geöffnet ist. Zwar wissen wir inzwischen, dass es wohl keinen weiteren Lockdown geben wird. Aber man weiss ja nie…
Welches ist dein wichtigster Gegenstand?
(Joëlle schwenkt die Kamera ihres Handys auf eine Reihe von Leinen, die an der Wand hängen.)
Sieh mal – die Hundeleinen. Wir haben nämlich gleich zwei Hunde: Shismo, ein Husky-Mischling, der mir vor fünf Jahren während eines Sprachaufenthalts in einem arabischen Dorf zugelaufen ist und mich komplett vom Arabischlernen abgelenkt hat; und Kali, ein Deutscher Schäferhund-Mischling. Ich bin täglich etwa drei Stunden mit ihnen draussen unterwegs - zeitlich ungleich verteilt und altersbedingt auf separaten Spaziergängen.
Was oder wen vermisst du am meisten?
Meine Familie in Zürich. Ich habe noch nie solche Sehnsucht nach ihr gehabt wie jetzt.
Joëlle Weil ist schweiz-israelische Doppelbürgerin, lebt seit sieben Jahren in Tel Aviv und arbeitet als freie Journalistin für Schweizer Medien, ihr Mann ist in der Hightechbranche tätig. Sie wohnen in einem Viertel, das einst der Stadtrand Tel Avivs war und, wie Joëlle sagt, seine pulsierendsten Zeiten hinter sich hat. Dass es trotzdem noch immer viele Kunstschaffende und Schauspielerinnen anzieht, mag an der Autobahn liegen, die quasi neben dem Viertel vorbeizieht und ungehinderte Mobilität suggeriert. Vor allem liegt es aber wohl daran, dass es hier ruhige, alteingesessene Nachbarschaftskaffees gibt, in denen sich Künstler und Journalisten fernab des Trubels treffen können. Mit etwas Glück begegnet man hier zum Beispiel der Schauspielerin Gal Gadot oder Lior Raz, dem Superstar aus der Netflix-Serie Fauda - eine Serie, übrigens, die in Israel derart populär war, dass die Städte zu jeder neuen Staffel mit gigantischen Plakaten vollgepflastert waren; zum Ende der Serie sollen die Macher geradezu bekniet worden sein, eine vierte Staffel zu drehen.
In der Zwischenzeit sorgt eine andere Geschichte für Hochspannung: die Nation fiebert mit einer Mossad-Agentin mit, die in Teheran festsitzt. Der Thriller schrammt haarscharf an wahren Begebenheiten vorbei, manches erscheint zwar etwas gar unrealistisch, dennoch wird er gefeiert. “Die Israeli checken schon, dass sie in einer filmreifen Realität leben”, sagt Joëlle. Und man kommt nicht umhin zu vermuten, dass sie damit auch auf das aktuelle Chaos um die Corona-Politik des israelischen Premiers Benjamin Netanyahu anspielt.
Joëlle, wir vernehmen hier fast schon täglich mit News aus Israel. Die News drehen sich um die erneut hohen Corona-Zahlen, die Rezession und den Korruptionsprozess um Benjamin Netanyahu. Wie behältst du da die Übersicht?
Joelle Weil: Das ist eine sehr gute Frage. Es ist derzeit wie ein Casino hier. Du kannst es oft gar nicht mehr ernst nehmen - auch wenn die Lage eigentlich nur noch traurig ist. Letzten Freitag hatten wir 2000 Neuinfektionen. Es wird zwar gerade sehr viel getestet, trotzdem sind die 2000 Fälle ein Peak, so viele hatten wir noch nie. Die Regierung ist über die Corona-Politik tief gespalten und fällt immer wieder schnelle Entscheide, die für die Bevölkerung kaum mehr nachvollziehbar sind. Das stimmt sowohl linke wie auch rechte Wählerinnen und Wähler unzufrieden. Zudem ist die wirtschaftliche Lage sehr angespannt. Die Arbeitslosenrate liegt aktuell bei rund 23 Prozent, das ist für israelische Verhältnisse extrem hoch.
Bleiben wir erst mal bei der Corona-Politik: Wie war das genau mit den schnellen Entscheiden?
Die Gyms, zum Beispiel, werden geöffnet, geschlossen, dann wieder geöffnet, und kurz darauf wieder geschlossen – während Fitnessstudios offen bleiben dürfen. Nur, was unterscheidet ein Gym von einem Studio? Etwa das Laufband? Oder die Art der Geräte? Letztes Wochenende sollten wir einen Weekend-Light-Lockdown haben. Das heisst, von Freitagnachmittag um 5 Uhr, bis Sonntagmorgen um 5 Uhr hätten die Strände geschlossen und die Restaurants nur beschränkt offen bleiben sollen. Daraus wurde dann aber nichts. Nun befinden wir uns seit Dienstag in einem Teil-Lockdown. So sind etwa alle Touristenattraktionen geschlossen, auf öffentlichen Plätzen dürfen sich nur zwanzig, in Büros, Läden, Restaurants oder auf Ämtern bloss zehn Leute versammeln. Heute herrscht auch überall Maskenpflicht, auf den Strassen, in Shops, auf Ämtern. Wer sich nicht daran hält, wird mit umgerechnet 130 Franken Busse bestraft. Echt, das Fass ist zu Überlaufen voll.
Plakativster Ausdruck für diese Unzufriedenheit sind die anhaltenden Demonstrationen – auch die sorgen international für Schlagzeilen.
Es wundert mich ja, dass Israel so permanent in den Schlagzeilen ist. Aber – genau: Die ganze letzte Woche wurde vor dem Haus Netanyahus in Jerusalem und vor seinem Zweitwohnsitz in Cesarea demonstriert. Dabei haben sich erst anarchistische Gruppierungen unter die Demonstrierenden gemischt, viele Jugendliche haben die Konfrontation mit den Sicherheitskräften gesucht. Mittlerweile verlaufen die Demonstrationen aber sehr friedlich und fallen vor allem wegen der unverhältnismässigen Härte der Polizei negativ auf. Vergangenen Dienstag wurden dreissig Personen verhaftet. Diese Proteste zeigen, wie sehr das Vertrauen in die Regierung zerrüttet ist. Die Leute machen diese Politik nicht mehr länger mit. Ich wage sogar zu behaupten, dass viele bereit sind, die Alten und Kranken zugunsten einer endgültigen Lockerung der Schutzmassnahmen zu opfern.
Eine riskante Behauptung. Ist Solidarität zwischen Jung und Alt, Gesund und Krank kein Thema mehr?
Doch, sie ist schon noch da. Es gibt Hilfsgruppen für Ältere, die aus dem ersten Lockdown entstanden und noch immer aktiv sind. Auch die altbewährten Hilfsgruppen tun, was sie können. Aber für viele Menschen steht das eigene Überleben gerade im Vordergrund. Nicht alle haben die Kapazität, sich um den anderen zu kümmern, dabei war diese Solidarität das, was mich während des ersten Lockdowns besonders berührt hat. Man hat sich mit grosser Selbstverständlichkeit gegenseitig unter die Arme gegriffen.
Du sagtest, die Arbeitslosenrate liege aktuell bei 23 Prozent. Wer ist besonders davon betroffen?
Allen voran Ladenbesitzer, Kleinunternehmerinnen, Tourismusarbeitende und Kulturschaffende. Vielen hat es bereits das Genick gebrochen, ihr ganzes Investment, ihr Lebenstraum, alles weg. Gastrounternehmer fühlen sich wie Hampelmänner; Kulturschaffende – Schauspielerinnen, Musiker, Event-Veranstalterinnen – sind verbittert über die geringe Wertschätzung, die ihnen unter der Pandemie zuteil wird. Denn die lokale Kunst- und Kulturszene ist nicht nur ungeheuer populär, sondern gilt auch als Kitt für den sozialen Zusammenhalt des Landes. Seit Monaten hat Netanyahu Geld versprochen, darunter auch Entschädigungen für Selbstständigerwerbende, aber gekommen ist verhältnismässig wenig. Bislang wurden Familien zur Überbrückung für den dreimonatigen Lockdown umgerechnet 500 Franken bezahlt. Im Zuge der Demonstrationen sollen nun alle Bürgerinnen und Bürger einen Zustupf von 750 Shekel, etwa 200 Franken bekommen, egal, ob sie das Geld benötigen oder nicht. Und 750 Shekel - das ist etwa so viel, wie uns eine monatliche Parkplatzmiete kostet. Diese Summe reicht nirgendwo hin. Inzwischen leiden viele an Hunger. Während des ersten Lockdowns kam es oft vor, dass Schülerinnen und Schüler ihre online-Schul-Lektionen hingeschmissen und stattdessen versucht haben, Arbeit zu finden, Essen auszuliefern, zum Beispiel, um ihren Familien dabei zu helfen, sich über Wasser zu halten.
Wie lassen sich die wiederholt hohen Fallzahlen erklären? Gerade ultra-orthodoxe Gemeinschaften werden immer wieder als Treiber des Virus genannt. Stimmt das?
Ja und nein. In ultra-orthodoxen Kreisen verbreitet sich das Virus zwar sehr viel schneller. Denn orthodoxe Familien sind gross und leben auf engstem Raum zusammen, dadurch ist die Bevölkerungsdichte in ihren Nachbarschaften viel höher. Doch geben sie das Virus kaum nach aussen weiter, da sie unter sich bleiben. Man kann ihnen also nicht die Schuld für die zweite Corona-Welle in die Schuhe schieben. Vielmehr wissen wir heute, dass die zweite Welle vor allem in Hörsälen der Universitäten ihren Ursprung hat, unter anderem deshalb weil Lehrpersonen krank zur Arbeit erschienen sind. Ausserdem ist wohl ein weiterer Grund im Sozialleben der Israeli zu finden.
Das heisst?
Die sozialen Kontakte sind hier ungleich viel intensiver als in Europa. Wir haben eine regelrechte “hugging-culture”, wir kommen uns sehr nahe, küssen und umarmen uns. Während des ersten Lockdowns durften wir uns zum Beispiel nicht mehr als 100 Meter von unserem Haus oder der Wohnung entfernen. Aber selbst innerhalb dieser 100 Meter kennst du dreissig Leute, die du begrüsst, und mit denen du einen Schwatz halten willst. Darüberhinaus hat die Regierung sehr schnell wieder Hochzeiten erlaubt. Zu diesen Hochzeiten kamen dann zwar erheblich weniger Gäste als sonst, 200 anstatt 500. Aber dann hattest du immer noch 200 Leute, die Hand in Hand im Kreis tanzten. Rückblickend lässt sich sagen, dass die Intensität der sozialen Kontakte und das schnelle Einlenken der Regierung eine toxische Mischung geschaffen hat.
Ich möchte noch einmal auf die ultra-orthodoxen Gemeinschaften zurückkommen: Es hiess, man habe sie in der Kommunikation über das Virus anfänglich nicht erreicht. Wie konnten sie schliesslich informiert werden?
Es gelang dem Gesundheitsministerium, die Rabbiner mit an Bord zu holen. Die wiederum erklärten dann ihren Gemeinden, dass man gegen das Gebot “Du sollst nicht töten” verstösst, wenn man sich nicht an die Schutzmassnahmen hält. Zudem wurden die Corona-Regeln des Gesundeitsministeriums auf Jiddisch unter die Menschen gebracht. Während des Pessach-Festes erlaubten die Rabbiner ihren Gemeinschaften sogar den Gebrauch von Zoom-Sessions, um mit Verwandten in Kontakt zu treten. Das war revolutionär: Dass technische Hilfsmittel in diesem Rahmen an jüdischen Festtagen von orthodoxen Rabbinern gutgeheissen werden, hatte es in der ganzen jüdischen Geschichte noch nie gegeben.
Wie hat die Pandemie den Puls in Israel verändert?
Zu Beginn des ersten Lockdowns waren die Leute hier nicht wahnsinnig gestresst. Als ich einmal vor einem Lebensmittelgeschäft in der Warteschlange stand, meinte ein ultra-orthodoxer Mann feixend: “Endlich halten Männer und Frauen zwei Meter Abstand voneinander!” Und alle lachten. Aber mittlerweile ist ein Teil der physischen Herzlichkeit verschwunden, wir sind weniger “huggy”, auch sind die gegenseitigen Einladungen seltener geworden. Ausserdem zeigt sich nun die andere Mentalität der Israeli: Es fällt grundsätzlich schwer, zu gehorchen, alles wird hinterfragt, nach Auswegen und Lösungen gesucht. Das ist mit ein Grund für den Erfolg in der Hightechbranche. Und das ist jetzt wohl auch ein Treiber der Proteste gegen die Regierung. Du kannst nicht einfach mehrere Male auf denselben Knopf drücken und glauben, es funktioniert. Die Adaptionskarte ist ausgespielt.
Jetzt scheint aber gerade die Hightechbranche grandios zu versagen: Das vielgepriesene Contact-Tracing-App funktioniert nicht.
Ja, das ist schrecklich peinlich. Der Inlandgeheimdienst hat tausend Menschen fälschlicherweise benachrichtigt und in die Quarantäne gezwungen. Hingegen wurden zum Beispiel meine Nachbarn, die effektiv engen Kontakt mit einem Corona-Kranken hatten, nicht informiert. Derzeit haben über tausend Geschädigte Klage eingereicht.
Was hat dich in den letzten Wochen am meisten überrascht?
Die knallharte Einsicht, wie verletzlich wir alle sind. Und die Ignoranz und Arroganz, in der wir gelebt haben, die Illusion, dass alles machbar und selbstverständlich ist. Doch ebenso hat mich dann überrascht, wie schnell die Demut, die alle gezeigt und auf den sozialen Medien zelebriert haben, wieder verschwunden ist.
Inwiefern war die Black-Lives-Matter-Bewegung in Israel ein Thema?
Weisst du, das ist auch etwas, das mich wahnsinnig erstaunt hat: Black-Lives-Matter ist nämlich gar kein Thema. Dabei haben hier im Jahr 2015 äthiopisch-stämmige Israeli gegen rassistische Übergriffe der Polizei protestiert. Es waren Riesendemos. Ich habe jetzt nur darauf gewartet, dass diese Demos im Fahrwasser von Black-Lives-Matter wieder losgehen. Aber es geschah – nichts. Das ist ein grosses Rätsel.
Wie hat die Pandemie die Beziehungen zwischen Israel und Palästina beeinflusst?
Israel und Gaza haben vor allem zu Beginn der Pandemie kooperiert. Israel schickte Corona-Tests und Beatmungsgeräte nach Gaza. Das Virus kennt ja keine Grenzen. Grundsätzlich aber ist die Beziehung zwischen Israel und Palästina für den Grossteil der Menschen hier kaum ein Thema. Ich bin in all den Jahren, in denen ich in Israel gelebt habe, noch nie an einen Tisch gesessen, an dem jemand gesagt hätte: “Ha, jetzt wurde wieder eine Siedlung gebaut!” Es scheint ohnehin sehr viel mehr bewilligt zu werden, als schlussendlich gebaut wird. Die Bewilligungen der Siedlungen sind eine reine Machtdemonstration.
Du sagst, die Palästinapolitik ist für die israelische Bevölkerung kaum ein Thema. Was beschäftigt denn am meisten?
Lass mich noch hinzufügen: Grundsätzlich gehört es zum guten Ton, dass jeder und jede eine Meinung hat zum Israel-Palästina-Konflikt. Und alle wollen nur ihre Seite bestätigt sehen. Ich bin manchmal erstaunt, wie festgefahren die Meinungen sind. Es fehlt an einem nüchternen-selbstkritischen Blick. Aber der Konflikt ist für das tägliche Leben der meisten Menschen hier nicht relevant. Viel relevanter sind wirtschaftliche Fragen. Die Lebenshaltungskosten in Israel sind im Verhältnis zum Einkommen sehr hoch. Das belastet durchgehend alle, gleichzeitig eint es aber auch ein wenig. Denn in Israel selbst – ganz ohne Autonomiebehörden oder Gaza – sind die Menschen ständig gespalten.
Gespalten-Sein als Dauerzustand?
Ja. Dabei ist die Spaltung zwischen Arabern und Israeli selten das Hauptproblem des täglichen Lebens. Sehr viel schwieriger sind die Gräben zwischen Rechts und Links sowie zwischen den Religiösen und Nicht-Religiösen. In Israel gibt es in dieser Hinsicht nur Minderheiten: Arabische Israeli, europäische Israeli, nicht-religiöse europäische Israeli, religiöse europäische Israeli, äthiopische Israeli, jemenitische Israeli…. Die Liste ist unendlich und jeder findet immer seine Minderheitenspalte.
Welche Auswirkungen haben diese Spaltungen im Alltag?
Im täglichen Leben natürlich nicht viel. Auch in Israel steht jeder morgens auf, putzt sich die Zähne und geht seinem normalen Alltag nach. Man merkt diese Spaltung bei politischen Entscheiden und natürlich bei Wahlen. Es ist auch eine Generationenfrage: Die junge Generation mischt sich viel mehr als die ältere. Während zum Beispiel arabische und europäische Juden früher eher parallel zueinander gelebt haben, ist das heute durchmischter, man feiert die Kultur beider. Dabei setzt sich die arabische Kultur gegenüber der europäischen durch. In Bezug auf das Essen, die Musik, die Ausdrucksweise. Das klingt in Anbetracht der geografischen Lage Israels eigentlich logisch. Wenn man sich aber die gesellschaftliche Entwicklung des Landes anschaut, merkt man, dass dies doch ziemlich bemerkenswert ist.
Inwiefern?
Zur Staatsgründung haben vor allem europäische Einwanderer versucht, Israel zu prägen. Es ist die europäsiche Arroganz, die wir von überall auf der Welt kennen. Arabische Juden wurden damals quasi zur zweiten Klasse degradiert. Auch Mischehen gab es seltener. Heute sind arabische Juden, die mizrahischen Juden, wieder stolz auf ihre Kultur. Sie ist es, die das moderne Israel prägt. Das hat mit Religion nichts zu tun, sondern mit der Musik, dem Essen, der Ausdrucksweise. Israel wird arabischer und das, obwohl so viele Israelis europäische Wurzeln haben. Wir sind eben im Nahen Osten.
Wie kann eine derate in sich zersplitterte Nation zusammengehalten werden?
Am Ende des Tages läuft alles auf Eines hinaus: Das hier ist die Heimat aller. Und keiner geht woanders hin. Jeder liebt dieses Land und die Menschen auf seine Art und Weise. Jeder ist hier verwurzelt oder sonst emotional gebunden. Und wie überall auf der Welt wird man sich auch hier nie einig sein. Natürlich sind die Differenzen grösser als an manch anderen Orten, die Diskussionen werden jedoch nie enden. Trotzdem: Die Welt verändert sich und so auch dieser Ort.
Welches sind die grössten Herausforderungen über die Pandemie hinaus?
Die hohen Lebenskosten. Und natürlich der beschränkte Wohnraum für so viele unterschiedliche Menschen. Aber daran wird sich nichts ändern. Man kann nur hoffen, dass sich alle ein bisschen annähern und mehr Verständnis füreinander entwickeln – auch wenn man letztlich nicht einer Meinung ist.